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10.01.2007 - 125. Geburtstag der Schriftstellerin Virginia Woolf

Am 25. Januar 1882 wurde Adeline Virginia Stephen, die Schriftstellerin Virginia Woolf, in London geboren.
Für uns heute steht sie für das „Nachdenken über die Frauen“, bekannt geworden durch ihre Bücher A Room of One’s Own von 1929 und Three Guinees von 1938. Die Komponistin Ethel Smyth war seit dem Erscheinen von A Room of One’s Own  mit Virginia Woolf befreundet. 1933 notierte sie in ihr Tagebuch: „Virginia ist von unbeschreiblichem Hochmut, aber absolut demütig, was ihr eigenes Talent angeht. Ihre Integrität fasziniert mich. Was sie für wahr hält, würde sie auch dann nicht zurückdoktern, wenn es um ihr Leben ginge.“

Virginia Woolf hielt am 21. Januar 1931 eine Rede vor der Londoner National Society for Women’s Service, in der sie auch über ihre Freundin Ethel Smyth spricht:

„Als mich die Vorsitzende einlud, hierher zu kommen, und ich so voreilig darauf einging, sagte sie mir, Ihre Gesellschaft befasse sich mit der Berufsfähigkeit von Frauen, und ich machte den Vorschlag, ich sollte Ihnen vielleicht etwas über meine eigenen beruflichen Erfahrungen erzählen. Nun ja, natürlich bin ich eine Frau; und ich gehe einer Beschäftigung nach, aber ich frage mich, was für berufliche Erfahrungen ich gemacht habe.
Jedenfalls keine, die mit denen von Dame Ethel Smyth zu vergleichen wären. Nach dem, was sie uns erzählt hat – und was sie uns nicht erzählt hat, was wir aber selbst erraten können -, fühle ich mich eher wie ein stilliegend und unnützer Vergnügungsdampfer, der im Kielwasser eines Panzerkreuzers daherschaukelt.

Sie ist vom Stamm der Pioniere, der Bahnbrecher. Sie ist vorausgegangen und hat Bäume gefällt und Felsen gesprengt und Brücken gebaut und so den Weg bereitet für die, die nach ihr kommen.  So ehren wir sie nicht nur als Musikerin und Schriftstellerin – und wenn ich ihre Bücher lese, fühle ich immer eine Neigung, meine Feder zu verbrennen und mich auf die Musik zu verlegen – denn wenn sie ohne jede Übung in meiner Kunst ein Meisterwerk hinwerfen kann, warum sollte ich nicht eine Symphonie oder zwei hinwerfen, ohne daß ich ein Viertel von einer Achtel unterscheiden kann? – wir ehren sie nicht bloß als Musikerin und Schriftstellerin, sondern auch als Felsensprengerin und Brückenbauerin. Es scheint manchmal schade, daß eine Frau, die nur komponieren wollte, auch gezwungen wurde, Brücken zu bauen, aber das war Teil ihrer Arbeit, und sie tat sie.

Doch in meinem eigenen Beruf – der Literatur – wurde der Weg schon vor langem bereitet. Ich habe keinen Zweifel, daß ich irgendeiner stummen und ruhmlosen Ethel Smyth sehr viel verdanke. Ich habe keinen Zweifel, daß es vor zweihundert Jahren Frauen gab, die zerschmetterten und zerbrachen und schufteten und Feindseligkeit und Spott auf sich zogen, auf daß es heutzutage für Frauen nicht lächerlich wäre, Bücher zu schreiben. Aber als ich eine Feder in die Hand zu nehmen begann, gab es auf meinem Wege sehr wenige Hindernisse dieser Art. Das Schreiben war eine achtbare, eine harmlose Fertigkeit. Durch das Kratzen einer Feder wurde der Familienfriede nicht gestört. Keine großen Ansprüche wurden an den Geldbeutel der Familie gestellt. Und Papier und Federn sind billig. Für zehn Shilling und Sixpence kann man genügend Papier kaufen, um alle Tragödien Shakespeares – wenn einem danach ist – zu schreiben. Die geringen Kosten von Schreibmaterialien ist natürlich der Hauptgrund, daß Frauen als Schriftstellerinnen ihren Weg machten, bevor sie ihn als Malerinnen oder Musikerinnen machten.

Sie sehen also, daß meine Geschichte, verglichen mit der von Dame Ethel, eine sehr zahme ist...“


The Pagiters, Hogarth Press 1978, S. XXXVII - XLIV




 
letzte Änderung
Friedemann Kupsa
(04.12.2018 - 10:56 Uhr)

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Am 25. Januar jährt sich der 125. Geburtstag der Schriftstellerin Virginia Woolf, Freundin der Komponistin Ethel Smyth.


Virginia Woolf 1903

Foto: B.C. Beresford

 

 

 

 

 

 

 

 

 



 


Virginia Woolf und Ethel Smyth vor Monk's House

Foto: Quentin Bell